Trinks, HaukeHaukeTrinks2006-03-142006-03-142001http://tubdok.tub.tuhh.de/handle/11420/200Es wird die Hypothese aufgestellt, daß das erste Leben vor 4 Mrd. Jahren im Meereis auf der Urerde entstanden sein könnte. Zur Bekräftigung dieser Hypothese wurde eine ganzjährige Expedition in das Eis von Spitzbergen auf 80° nördlicher Breite durchgeführt. Dabei wurden viele experimentelle Ergebnisse über die Mikrostruktur und das dynamische Verhalten von Meereis sowie über die darin lebenden Mikroorganismen gewonnen. Meereis ist ein Gebilde, das einem lebenden Organismus sehr ähnlich ist. Es entsteht innerhalb eines Jahres aus kleinen Anfangsaggregaten, wächst zu einem komplexen System heran, altert und vergeht schließlich wieder. Meereis stellt offensichtlich ein ideales Lebensumfeld für kälteliebenden Bakterien dar. Diese sog. Psychrophilen sind für die potentielle Nutzung in der Nahrungsmittel-, Reinigungs- und Umweltschutzindustrie wegen der auch bei Kälte wirksamen Enzyme interessant. Zahlreiche Proben mit Psychrophilen wurden während der Expedition im Meereis gewonnen und zur weiteren Untersuchung an die TUHH gesandt (Prof. Antranikian). Ausgehend von den Expeditionsergebnissen und von den bereits publizierten Erkenntnissen anderer Wissenschaftler wird die Entwicklung skizziert, wie das erste Leben von der Ursuppe ausgehend im Meereis entstanden sein könnte. Im Meereis werden einfache Bausteine des Lebens, wie z.B. Aminosäuren sowie mineralische Staubpartikel während des Gefriervorgangs aufkonzentriert. Rein thermodynamische Überlegungen zu Erstarrungs- bzw. Auftauvorgängen und ebenso zu der beobachtbaren Salzkristallisation ergeben das Bild eines permanenten, hohen Energietransfers. Im mikroskopischen Bereich könnten, insbesondere unter dem Aspekt der geringen Wärmeleitfähigkeit der Matrix, Energie-Inhomogenitäten mit stark exothermen Charakter postuliert werden. Diese wären in der Lage endotherme chemische Reaktionen wie z.B. die Kondesationsreaktion, Bestandteil der Peptidbildung, zu förden. Im Eisgefüge, geprägt durch vielfältige Grenzschichten, festen und flüssigen Phasen, hochkonzentrierte Meersalzlösung sowie mineralischen Staubpartikeln sind günstige Bedingungen für katalytische Vorgänge gegeben. Durch Auskristallisation der salzarmen Eisphase werden Sortier- und Trennvorgänge induziert. Eine hochkonzentrierte Salzlake entsteht, in der gebildete Makromoleküle ebenfalls angereichert sind. Der beim Gefriervorgang vorwärts wandernden Eisfront könnte dabei ein chromatographierender Einfluß zugeschrieben werden, der eine zusätzliche Stoff-Fraktionierung bewirken sollte. Die Rückreaktion (Zersetzung) der gebildeten Makromoleküle ist aufgrund der vorwiegend herrschenden niedrigen Temperatur eher unwahrscheinlich. Die an Eiskristallen zu beobachtende starke Polarisation und das Phänomen der optischen Doppelbrechung weisen auf einen hohen Ausrichtungsgrad der Kristallstrukturen mit charakteristischer periodischer Wiederholung hin. Es wird diskutiert, ob sich an diesen Kristallstrukturen spezifische Makromoleküle bilden könnten, ähnlich wie mittels einer Matrize durch Anlagerung der im Meer auftretenden Grundbausteine. Beim teilweisen Schmelzen bzw. Auflösen des Kristalls würden sich die so entstandenen Makromoleküle von der Oberfläche ablösen. Dieser Vorgang wäre möglicherweise den Abläufen bei der Replikation von DNA und RNA ähnlich. Die im Eisgefüge vorhandenen Eiszellen, Kaviolen, Kanäle und Kristalle scheinen von flexiblen, hauchdünnen Grenzschichten umhüllt zu sein. Da sie durch Wasserstoffbrückenbindungen geprägt sind, lassen sich semipermeable Eigenschaften und ihre Fähigkeit, Separationsvorgänge zu unterstützen, vermuten. Sie könnten als Vorläufer von Biomembranen gedient haben. Dieser zelluäre Aufbau von Meereis, wobei die einzelnen Zellen über ein Netzwerk von mit Salzlösung gefüllten Kanälen miteinander kommunizieren, könnte die Ausbildung von autokatalytischen Selbsstorganisationsprozessen, wie sie von Manfred Eigen beschrieben wurden, gefördert haben. Meereis könnte als eine Vorstufe zum Leben angesehen werden, wobei die für das Leben charakteristischen Eigenschaften wie Metabolismus, Selbstreplikation und Mutagenität, bereits im Ansatz erkennbar zu sein scheinen. Die vorgestellte Hypothese wird mit Hilfe einiger typischer Kriterien für derartige Reaktionsabläufe geprüft und gestützt. Demnach scheint die Hypothese robust gegenüber unsicheren Annahmen zu sein, sie erlaubt möglicherweise die prinzipielle Beantwortung vieler noch offener Fragen bei der Entstehung des Lebens, sie zeigt zahlreiche Übereinstimmungen zwischen den im Meereis ablaufenden Vorgängen und den Erscheinungen heutiger biologischer Abläufe auf, und schließlich sind die Aussagen der Hypothese experimentell überprüft bzw. in weiteren Experimenten überprüfbar. Es werden Vorschläge für eine Reihe von entsprechenden Experimenten gemacht.A hypothesis is set up, that sea ice on the primitive Earth 4 billions years ago could have been suitable to support the generation of life. An expedition into the ice of Spitzbergen was performed with a boat equipped with scientific instruments. The results show, that sea ice has special properties which may contribute to the development of organic macromolecules supposed to be precursors of life. Sea ice consists of small regions of nearly pure frozen H2O and of liquid brine with high salinity. The microstructure of sea ice includes flexible thin surface layers composed by hydrogen bindings, processes with energy exchange, catalytic reactions, demixing phenomena and last not least the presence of numerous vital microorganisms. The bacteria of today live successful in sea ice exactly as their ancestors at the beginning of life may have done originated out of macromolecular precursors built in the sea ice reactor.dehttp://rightsstatements.org/vocab/InC/1.0/Biowissenschaften, BiologieLife sciencesAuf den Spuren des Lebens : Bericht zur Expedition in das Eis von Spitzbergen vom 17. Mai 1999 bis 14. September 2000Origin of life in sea iceTechnical Report2006-03-14urn:nbn:de:gbv:830-opus-263910.15480/882.198PolargebieteEvolutionMeereisPsychrophile BakterienMikroorganismusLeben / EntstehungBiogenese11420/20010.15480/882.198930767918Technical Report