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Frei-gemeinnützige Arbeit. Eine Analyse aus Sicht der Arbeits- und Organisationspsychologie
Citation Link: https://doi.org/10.15480/882.125
Publikationstyp
Working Paper
Date Issued
2002-12
Sprache
German
Author(s)
TORE-DOI
Ohne die unbezahlte Mithilfe von Freiwilligen kann kein Gemeinwesen bestehen.
Die Pflege von Alten und Behinderten, das Engagement für Umwelt- und Naturschutz, der Einsatz als Wahlhelfer oder Schöffe, die Ehrenämter in Kommunen, Sport und Kirchen; all diese Gemeinaufgaben und Funktionen sind faktisch auf freiwillige Arbeit angewiesen. Die Konturen einer Arbeits- und Organisationspsychologie freiwilliger Arbeit beginnen jedoch erst sichtbar zu werden. Frei-gemeinnützige Arbeit, d.h. freiwillige Arbeit für ein Gemeinwesen, unterliegt heute individueller Sinnbildung und Gestaltung. Sie tritt bisweilen in ein kompensatives Verhältnis zur Erwerbsarbeit und wird als solche auch von Unternehmen gefördert. Für Unternehmen wie für Gemeinwesen stellt sich die Frage
nach dem Potenzial von Freiwilligenarbeit. Arbeitspsychologisch formuliert, gilt es zu untersuchen:
· Wodurch wird frei-gemeinnützige Arbeit motiviert,
· welche Standards sind an die Arbeitsanforderungen zu richten und
· wie kann sie organisiert werden?
Eine häufig vertretene Antwort auf diese Fragen lautet etwa so: Frei-gemeinnützige Arbeit ist freiwillig und autonom organisiert, aber nicht privat; sie ist öffentlich wirksam und nachhaltig, aber nicht unter staatlicher Regie und Kontrolle; sie dient der Wertschöpfung, folgt aber nicht nur der ökonomischen Logik. Die Ergebnisse bisheriger Forschung zu frei-gemeinnütziger Arbeit können wir zu drei Aussagen verdichten:
(1) Frei-gemeinnützige Arbeit ist multifunktional hinsichtlich der beteiligten
Motive. Mit ihr lassen sich Hilfemotivation, soziale Anbindung, Kompetenzerwerb
und andere Bedürfnislagen verbinden. Frei-gemeinnützige Arbeit kann durchaus eine Ausgleichfunktion gegenüber der Erwerbsarbeit gewinnen.
(2) Eine notwendige Bedingung für individuell frei-gemeinnütziges Engagement
ist die persönliche Sinnhaftigkeit der Arbeit. Der persönliche Sinn wird
bedroht durch Bezahlung dieser Arbeit, da sie dann in den Rang von Erwerbs- und Auftragsarbeit sinkt. Persönliche Sinnhaftigkeit einer Arbeit widerstrebt auch der Einführung einklagbarer Qualitätsstandards.
(3) Prekäre Organisation: Die Organisation von frei-gemeinnütziger Arbeit ist
prekär, schon allein aufgrund der Freiwilligkeit des Engagements, das im
Prinzip jederzeit widerrufbar ist - und sei es nur, dass der oder die Freiwillige den persönlichen Aufwand reduziert. Das Wachstum von Organisationen, die auf Freiwilligenarbeit ruhen, ist kaum rational steuerbar.
Die Pflege von Alten und Behinderten, das Engagement für Umwelt- und Naturschutz, der Einsatz als Wahlhelfer oder Schöffe, die Ehrenämter in Kommunen, Sport und Kirchen; all diese Gemeinaufgaben und Funktionen sind faktisch auf freiwillige Arbeit angewiesen. Die Konturen einer Arbeits- und Organisationspsychologie freiwilliger Arbeit beginnen jedoch erst sichtbar zu werden. Frei-gemeinnützige Arbeit, d.h. freiwillige Arbeit für ein Gemeinwesen, unterliegt heute individueller Sinnbildung und Gestaltung. Sie tritt bisweilen in ein kompensatives Verhältnis zur Erwerbsarbeit und wird als solche auch von Unternehmen gefördert. Für Unternehmen wie für Gemeinwesen stellt sich die Frage
nach dem Potenzial von Freiwilligenarbeit. Arbeitspsychologisch formuliert, gilt es zu untersuchen:
· Wodurch wird frei-gemeinnützige Arbeit motiviert,
· welche Standards sind an die Arbeitsanforderungen zu richten und
· wie kann sie organisiert werden?
Eine häufig vertretene Antwort auf diese Fragen lautet etwa so: Frei-gemeinnützige Arbeit ist freiwillig und autonom organisiert, aber nicht privat; sie ist öffentlich wirksam und nachhaltig, aber nicht unter staatlicher Regie und Kontrolle; sie dient der Wertschöpfung, folgt aber nicht nur der ökonomischen Logik. Die Ergebnisse bisheriger Forschung zu frei-gemeinnütziger Arbeit können wir zu drei Aussagen verdichten:
(1) Frei-gemeinnützige Arbeit ist multifunktional hinsichtlich der beteiligten
Motive. Mit ihr lassen sich Hilfemotivation, soziale Anbindung, Kompetenzerwerb
und andere Bedürfnislagen verbinden. Frei-gemeinnützige Arbeit kann durchaus eine Ausgleichfunktion gegenüber der Erwerbsarbeit gewinnen.
(2) Eine notwendige Bedingung für individuell frei-gemeinnütziges Engagement
ist die persönliche Sinnhaftigkeit der Arbeit. Der persönliche Sinn wird
bedroht durch Bezahlung dieser Arbeit, da sie dann in den Rang von Erwerbs- und Auftragsarbeit sinkt. Persönliche Sinnhaftigkeit einer Arbeit widerstrebt auch der Einführung einklagbarer Qualitätsstandards.
(3) Prekäre Organisation: Die Organisation von frei-gemeinnütziger Arbeit ist
prekär, schon allein aufgrund der Freiwilligkeit des Engagements, das im
Prinzip jederzeit widerrufbar ist - und sei es nur, dass der oder die Freiwillige den persönlichen Aufwand reduziert. Das Wachstum von Organisationen, die auf Freiwilligenarbeit ruhen, ist kaum rational steuerbar.
DDC Class
150: Psychologie
650: Management
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