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Struktur- und Verfahrensverbesserungen auf Rezept? Eine qualitative Analyse der Potenziale und Herausforderungen des pSVV-Konzepts bei Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA)
Citation Link: https://doi.org/10.15480/882.14055
Other Titles
Structural benefits on prescription? Exploring potentials and challenges of the pSVV concept in the approval process of digital health applications in Germany
Publikationstyp
Journal Article
Date Issued
2025-02
Sprache
German
Institute
TORE-DOI
Volume
192
Start Page
1
End Page
10
Citation
Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen 192: 1-10 (2025)
Publisher DOI
Scopus ID
Publisher
Elsevier
Peer Reviewed
true
Hintergrund
Mit dem Inkrafttreten des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) Ende 2019 wurden in Deutschland Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgenommen. DiGA sind digitale Medizinprodukte, deren Hauptfunktionen wesentlich auf digitalen Technologien beruhen. Im Rahmen der Definition des Zulassungsprozesses wurde der in der Arzneimittelzulassung zur Nutzenbewertung maßgebliche Begriff des „therapeutischen Nutzens“ zum umfassenderen Konzept des „positiven Versorgungseffekts“ (pVE) erweitert. Konkret wurde ergänzend zum „medizinischen Nutzen“ das Konzept der „patientenrelevanten Struktur- und Verfahrensverbesserungen“ (pSVV) entwickelt, um den Markteintritt von Anwendungen zu ermöglichen, die die Rolle von Patient*innen in der Gesundheitsversorgung gezielt stärken. Dreieinhalb Jahre nach der Einführung von DiGA zeichnet sich jedoch ab, dass das Konzept des pSVV heute noch nicht von den Akteur*innen im Gesundheitssystem akzeptiert wurde. Lediglich eine der 56 zum 1. Juli 2024 gelisteten DiGA nutzt heute pSVV als primären Endpunkt, zehn weitere DiGA nutzen pSVV als sekundären Endpunkt.
Methode
Ein qualitativer Ansatz wurde gewählt, um die neuen und wenig erforschten Themen DiGA und insbesondere pSVV zu untersuchen. Dabei wurde die Grounded-Theory-Methode in Kombination mit der Gioia-Methode angewendet, die sich besonders für die Analyse innovativer Themengebiete eignet. Durch die induktive Herangehensweise können so neue Konzepte aus den Daten der Untersuchungsteilnehmer*innen entwickelt werden, wodurch eine flexible und dynamische Theoriebildung unterstützt wird. Es wurden Entscheidungsträger*innen aus den Gruppen DiGA-Herstellende mit und ohne pSVV, Herstellende digitaler Medizinprodukte ohne DiGA-Zulassung, Beratungen sowie am Prozess der DiGA-Zulassung beteiligte Institutionen mithilfe der Durchführung qualitativer Leitfadeninterviews in die Untersuchung einbezogen. Die Auswertung erfolgte durch eine mehrstufige Analyse, die zur Identifikation von Erstordnungskonzepten, Zweitordnungsthemen und aggregierten Dimensionen führte. Die entwickelte Datenstruktur wurde durch die Darstellung relevanter Zitate im Anhang A untermauert.
Ergebnisse
Es zeigt sich, dass eine Schärfung der Nutzendefinition der im DiGA-Leitfaden definierten pSVV-Kategorien erfolgskritisch für die Etablierung des Konzepts der pSVV ist. Auch eine weitere Analyse der möglichen Methoden zum Nachweis des pSVV und geeigneter Messinstrumente sowie die generelle Aufnahme ökonomischer Betrachtungen in die Nutzenanalyse erscheinen sinnvoll.
Diskussion
Die qualitative Analyse zeigt, dass die Schärfung des pSVV-Konzepts und die Definition geeigneter Messmethoden entscheidend für die erfolgreiche Implementierung im deutschen Gesundheitssystem sind. Eine ökonomische Bewertung könnte die Debatte um die Kosten von DiGA versachlichen und zur Transparenz im Zulassungsprozess beitragen. Weitere Forschung und die Einbindung zentraler Akteure sind notwendig, um die Definition des intendierten Nutzens innerhalb der pSVV-Kategorien zu präzisieren und damit die Einführung digitaler Gesundheitsanwendungen mit besonderem Fokus auf die Stärkung der Rolle der Patient*innen in der Gesundheitsversorgung zu fördern.
Mit dem Inkrafttreten des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) Ende 2019 wurden in Deutschland Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgenommen. DiGA sind digitale Medizinprodukte, deren Hauptfunktionen wesentlich auf digitalen Technologien beruhen. Im Rahmen der Definition des Zulassungsprozesses wurde der in der Arzneimittelzulassung zur Nutzenbewertung maßgebliche Begriff des „therapeutischen Nutzens“ zum umfassenderen Konzept des „positiven Versorgungseffekts“ (pVE) erweitert. Konkret wurde ergänzend zum „medizinischen Nutzen“ das Konzept der „patientenrelevanten Struktur- und Verfahrensverbesserungen“ (pSVV) entwickelt, um den Markteintritt von Anwendungen zu ermöglichen, die die Rolle von Patient*innen in der Gesundheitsversorgung gezielt stärken. Dreieinhalb Jahre nach der Einführung von DiGA zeichnet sich jedoch ab, dass das Konzept des pSVV heute noch nicht von den Akteur*innen im Gesundheitssystem akzeptiert wurde. Lediglich eine der 56 zum 1. Juli 2024 gelisteten DiGA nutzt heute pSVV als primären Endpunkt, zehn weitere DiGA nutzen pSVV als sekundären Endpunkt.
Methode
Ein qualitativer Ansatz wurde gewählt, um die neuen und wenig erforschten Themen DiGA und insbesondere pSVV zu untersuchen. Dabei wurde die Grounded-Theory-Methode in Kombination mit der Gioia-Methode angewendet, die sich besonders für die Analyse innovativer Themengebiete eignet. Durch die induktive Herangehensweise können so neue Konzepte aus den Daten der Untersuchungsteilnehmer*innen entwickelt werden, wodurch eine flexible und dynamische Theoriebildung unterstützt wird. Es wurden Entscheidungsträger*innen aus den Gruppen DiGA-Herstellende mit und ohne pSVV, Herstellende digitaler Medizinprodukte ohne DiGA-Zulassung, Beratungen sowie am Prozess der DiGA-Zulassung beteiligte Institutionen mithilfe der Durchführung qualitativer Leitfadeninterviews in die Untersuchung einbezogen. Die Auswertung erfolgte durch eine mehrstufige Analyse, die zur Identifikation von Erstordnungskonzepten, Zweitordnungsthemen und aggregierten Dimensionen führte. Die entwickelte Datenstruktur wurde durch die Darstellung relevanter Zitate im Anhang A untermauert.
Ergebnisse
Es zeigt sich, dass eine Schärfung der Nutzendefinition der im DiGA-Leitfaden definierten pSVV-Kategorien erfolgskritisch für die Etablierung des Konzepts der pSVV ist. Auch eine weitere Analyse der möglichen Methoden zum Nachweis des pSVV und geeigneter Messinstrumente sowie die generelle Aufnahme ökonomischer Betrachtungen in die Nutzenanalyse erscheinen sinnvoll.
Diskussion
Die qualitative Analyse zeigt, dass die Schärfung des pSVV-Konzepts und die Definition geeigneter Messmethoden entscheidend für die erfolgreiche Implementierung im deutschen Gesundheitssystem sind. Eine ökonomische Bewertung könnte die Debatte um die Kosten von DiGA versachlichen und zur Transparenz im Zulassungsprozess beitragen. Weitere Forschung und die Einbindung zentraler Akteure sind notwendig, um die Definition des intendierten Nutzens innerhalb der pSVV-Kategorien zu präzisieren und damit die Einführung digitaler Gesundheitsanwendungen mit besonderem Fokus auf die Stärkung der Rolle der Patient*innen in der Gesundheitsversorgung zu fördern.
DDC Class
610: Medicine, Health
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Name
1-s2.0-S1865921724002277-main.pdf
Size
1.4 MB
Format
Adobe PDF